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WanderBlog

Wegbereiter – unterwegs mit den Nibelungensteig Wegemarkierern

07. Februar 2019

Wandern auf dem Nibelungensteig – das heißt Wandern durch den Bühnenraum des berühmten Nibelungenliedes inmitten des waldreichen Herzens des Odenwaldes. Wandern auf dem Nibelungensteig heißt aber auch Wandern auf gut markierten Wegen. Die ehrenamtlichen Mitglieder des Odenwaldklub sorgen dafür, dass die Wege „unverlaufbar“ bleiben. Grund genug, zwei Wegemarkierer bei ihrer Arbeit zu begleiten.

Es ist ein schöner Morgen im Odenwald. Ein lauer Maiwind weht durch die Äste und lässt die jungen, grünen Blätter tanzen. Es ist leicht bewölkt. „Weder zu warm noch zu kalt. Das perfekte Wetter für unsere Arbeit heute“, freut sich Jürgen. „Und die beste Jahreszeit“, pflichtet ihm Friederike bei. Aha, schon jetzt lerne ich, dass das Markieren von Wanderwegen mehr ist als ein bisschen Gepinsel und Farbe. Der Nibelungensteig führt uns von Güttersbach nach Gras-Ellenbach. Hier sind wir im Wegebezirk von Jürgen unterwegs. Er ist einer der rund 140 Wegewarte im Odenwaldklub. Jürgen ist Förster – nun im Ruhestand – und hat deshalb viel Zeit, wie er selbst sagt. „Früher wäre das nichts für mich gewesen. Da war ich zwar auch viel im Wald unterwegs, aber für das Markieren braucht man eine gewisse Ruhe.“ Mittlerweile markiert er seit vier Jahren. Mit von der Partie ist Friederike. Sie markiert seit 1999. Ihrem scharfen Auge und geübtem Blick entgeht nichts. Und dass trotz ihrer Körpergröße von (nur) 1,58m. „Manchmal nehme ich mir für die Arbeit einen Hocker mit… dann wünsche ich mir immer, dass es eine Maximalgröße für Wegemarkierer gäbe!“, lacht sie. Mit ihr und Jürgen habe ich mich zwei echten Profis in Sachen Wegemarkierung angeschlossen. Und zweien, die ihre Arbeit lieben.

Bereits nach wenigen hundert Metern bleiben wir das erste Mal stehen. Eine Nibelungensteig-Markierung ist alt und abgeblättert. Jürgen macht sich gleich an die Arbeit. Erst säubert er die neue Stelle mit seiner Stahlbürste, dann befestigt er die quadratische Schablone und trägt die weiße Farbe auf die Rinde auf. Der strahlend weiße Spiegel leuchtet nun gut sichtbar auf der glatten Rinde. Ich frage, wo das markante rote „N“ bleibt, das den Nibelungensteig ausweist. Friederike schenkt mir ein breites Grinsen. „Das kommt dann in der zweiten Runde“, sagt sie.

Während Jürgen das alte Markierungszeichen mit braun-grüner Farbe überpinselt erklärt er mir, dass jede Farbe in einer extra Tour aufgetragen werden muss. „Damit die Farbe genug Zeit zum Trocknen hat!“ Dabei hat jeder Wegewart seine eigene Taktik. Jürgen läuft an zwei verschiedenen Tagen. Friederike hingegen malt gerne auf dem Hinweg den weißen Spiegel und auf dem Rückweg das Wegzeichen. „Oft reicht eine halbe oder ganze Stunde bis die Farbe getrocknet ist aber das ist natürlich abhängig vom Wetter, der Lufttemperatur und der Lage.“ Bevor die Farbe verläuft, nimmt sie lieber eine Extratour in Kauf – so viel Zeit muss sein.

Jeder Wegewart betreut ca. 20-50 Kilometer Weg. Die Länge ist dabei aber kaum ausschlaggebend für den letztendlichen Aufwand. „Wenn ein Abschnitt viele Pfade und Abzweigungen hat, ist das Markieren natürlich aufwendiger als auf geraden, breiten Wegen“, erklärt mir Friederike. Markiert wird in beide Richtungen – vor und zurück. Das nächste Zeichen folgt in Sichtweite oder bei unübersichtlichen Wegabschnitten bereits nach rund 20 Metern. Da kommt schon eine ganze Menge zusammen.

Jürgen freut sich, beim Markieren etwas Gesellschaft zu haben, denn normalerweise ist er alleine unterwegs. „Dafür treffe ich aber viele Wanderer, die oft großes Interesse an unserer Arbeit zeigen.“ Friederike erinnert sich: „Einmal habe ich beim Markieren einen jungen Wanderer getroffen. Im Gespräch meinte er dann, dass das ja eine richtig tolle Arbeit sei und er auch lieber den ganzen Tag im Wald verbringen würde als im Büro. Als ich ihm dann gesagt habe, dass ich das in meiner Freizeit mache, weil ich ja noch einen normalen Job habe, war er baff.“

Und ja, Wege markieren ist ein Ehrenamt. Es gibt eine kleine Aufwandsentschädigung aber es ist kein bezahlter Beruf. Dabei ist die Arbeit die Jürgen, Friederike und all die anderen Wegewarte der Wandervereine leisten eine so wichtige Aufgabe. Denn gut markierte Wege erfreuen nicht nur den Wanderer: das Ausweisen von Wegen ist aktiver Naturschutz. „Sensible Gebiete können ‚umlaufen‘ werden und so bleiben genügend Freiräume für die Pflanzen- und Tierwelt“, erklärt mit Jürgen.

Auf den letzten Metern nach Gras-Ellenbach halte ich kurz inne. Besonders die ruhigen Momente beim Malen werden mir in schöner Erinnerung bleiben. Durch diese entschleunigende Art des Wanderns habe ich ein ganz neues Gesicht des Nibelungensteigs kennen gelernt. Und wenn ich jetzt ein rotes „N“ auf weißem Grund sehe, dann sehe ich nicht nur ein Zeichen, sondern erkenne die Arbeit und Leidenschaft, die hinter diesem besonderen Ehrenamt steckt.

DANKSAGUNG

Die Redaktion bedankt sich bei Friederike Preuß und Jürgen Michalczyk, die wir einen Tag lang bei ihrer Arbeit begleiten durften. Stellvertretend geht zudem ein großer Dank an alle Mitglieder des Odenwaldklub e.V., die unsere schöne Region zur Wanderregion machen. Frisch auf!